Tetanus beim Hund!

was gibt es für Parasiten, Keime, Erreger etc. und was kann man dagegen tun?
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Greyhound-Forum
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Tetanus beim Hund!

Beitrag von Greyhound-Forum »

Wenn auch selten, doch es kommt doch häufiger vor, als gedacht.
Hier ein Erfahrungsbericht - um auf die Symptome aufmerksam zu machen.
Für mich war das auch sehr weit weg und diese Geschichte hier hat es mir wieder präsent gemacht.

Danke fürs Teilen der Erfahrung und für Orion weiterhin alles alles Gute "kuss_hand_boy"
Tetanus beim Hund – Erfahrungsbericht

Samstag, 23.2.19: Das ganze Haus voll Besuch, der Hund wirkt angespannt, aber wen wundert das? Im Ernst, ich habe gemerkt, daß Orion nicht er selbst war und komisch guckte, aber wenn ein Hund, der normalerweise in einem Ein-Mensch-Haushalt lebt getresst wirkt, wenn plötzlich fünf neue Menschen da sind, davon 3 Kinder läßt noch keine Alarmglocken klingeln.

Sonntag, 24.2.19: Der Hund guckt immer noch komisch, obwohl der Besuch weg ist und er gut durchgeschlafen hat. Ich habe ihn genauer beobachtet. Bewegen sich die Ohren wirklich nicht? Auch nicht wenn er liegt?
Zähne gecheckt – unauffällig. Ohren gecheckt – sauber und nicht schmerzempfindlich. Orion war gerade eine Woche vorher beim Tierarzt, also eigentlich konnte da auch nichts sein, aber…

Die Ohren stehen immer noch wie eingefroren; die Stirn liegt in Falten.
Der Hund frißt normal, spielt, kuschelt auf der Couch, aber irgendwas ist nicht richtig. Er blinzelt sehr häufig, wenn er in die Sonne guckt. Die Augen sind ganz klein und verkniffen.

Irgendwann habe ich dann gedacht, ich frage besser in der Facebook Gruppe dieses Forums nach. Irgendwas stimmt nicht, aber mir fällt nicht ein was.

Während ich auf eine Reaktion auf die seltsame Frage “mein Podenco bewegt seine Ohren nicht mehr, fällt jemandem was dazu ein?” warte checke ich die Hals-und Nackenmuskulatur auf Verspannungen oder Schmerzempfindlichkeit – ohne Ergebnis und versuche die Symptome zu googlen. Google erzählt mir etwas über Podencos im Allgemeinen, die Mimik des Hundes und Verhalten.

Dann kommen die ersten Reaktionen, von eine Tierzthelferin und einer Tierärztin “Verdacht auf Tetanus, sofort in die Klinik!”.
Tetanus?!? Irgendwann hat man mir doch gesagt, Hunde bekommen kein Tetanus.
Orion will schmusen. Vielleicht entspannt er sich ja. Dann bekomme ich eine Nachricht “die Frau ist eine sehr erfahrene Tierärztin. Fahr heute noch in die Klinik.”

Ok, besser einmal zuviel, als einmal zu wenig zum Tierarzt.
Anruf in der Klinik: “ Wie kommen sie auf Tetanus? Ok, kommen sie vorbei, wir sehen uns das an, aber dann müssen sie weiter in die Tierärztliche Hochschule. Wir haben das Serum nicht da und können es auch nicht schnell besorgen.”

Eine Dreiviertelstunde später in der Klinik genügt ein Blick. Orions Gesicht ist inzwischen viel verkrampfter. Ab nach Hannover! Noch ein Ratschlag, “Verlangen sie einen Kostenvoranschlag. Tetanus kann mehrere Wochen stationäre Behandlung bedeuten. Das kann richtig teuer werden.”
Es ist inzwischen dunkel, aber glücklicherweise ist die Autobahn am Sonntagabend leer.

In der TiHo, die selbe Frage “Wie kommen sie auf Tetanus?”
Warten wegen anderer Notfälle, der Hund sieht immer unglücklicher aus. Um etwa 23 Uhr sind wir endlich dran. Inzwischen wird nur noch geguckt und der Verdacht bei dem offensichtlich verkrampften Gesicht abgenickt. Blut wird abgenommen, der Hund untersucht, ob er Verletzungen hat, die als Eintrittswunde identifiziert werden können. Er hat einen Kratzer am Vorderbein, aber der ist gut verheilt. Beim Tierarztbesuch die Woche vorher hat eine Kralle nach dem Schneiden geblutet. Kann beides sein oder was ganz anderes. Es wird schon mal ein Zugang für die Infusion gelegt. Orion läß alles geduldig über sich ergehen. Sein rechtes Hinterbein scheint auch leicht verkrampft. Da ist aber keine Verletzung zu sehen.


Die Tierärztin erklärt mir die Details. Inzwischen wird in der Neurologie ein isolierter Raum vorbereitet.
Erste vorsichtige Prognose: Drei Tage bis zu vier Wochen stationäre Behandlung, je nach dem wie gut und schnell Orion auf das Serum anspricht. Es kann zu schweren allergischen Reaktionen kommen. Wenn Orion nur verzögert auf die Behandlung anspricht, können die Krämpfe sich ausbreiten. Gefährlich wird es, wenn er nicht mehr schlucken kann. In dem Fall muß er künstlich ernährt werden. Während der Behandlung muß er im Dunkeln isoliert werden und mit Medikamenten ruhiggestellt, da Tetanus reizempfindlich macht.
Wir werden in einen dunklen Behandlungsraum gesetzt und warten, bis die Neurologie endlich vorbereitet ist. Orion ist unruhig. Dann wird er weggebracht. Ich werde nach hause geschickt. Man verspricht mir, am Montagmittag anzurufen.

Montag, 25.2.19: Der Anruf kommt am Nachmittag. Der Hund spricht gut auf die Behandlung an. Man merkt der Tierärztin die Erleichterung an.

Dienstag, 26.2. bis Donnerstag, 28.2. 19: Tägliche Anrufe von der TiHo, die Behandlung schreitet gut voran. Es ist immer wahrscheinlicher, daß er in der kommenden Woche die TiHo verlassen kann, entweder in unsere Tierklinik, falls er noch intensive Betreuung braucht oder sogar direkt nach hause. Bis dahin ist die Serumbehandlung abgeschlossen und sie fangen Mitte der Woche an, die Infusion des Beruhigungsmittels auszuschleichen.

Während eines Impftermins für meine Katze am Dienstag in unserer örtlichen Klinik lasse ich mir die Sache nochmal ausführlich und in Ruhe erklären. Die Klinik ist nach der Serumbehandlung bereit, gegebenfalls stationär weiterzubehandeln. Diese Option ist wichtig, da ich noch einen weiteren Hund und eine junge Katze habe, also keine komplette Ruhe gewährleisten kann und auch keine komplettschließenden Rolläden habe, also nur abdunkeln, aber nicht völlig verdunkeln kann. Der Keller, der normalerweise zur Isolation geeignet wäre, ist noch im Rohbau, fällt also aus.

Freitag, 1.3.19: Die Entscheidung ist gefallen. Der Hund ist stabil genug, um am Montagspätnachmittag nach hause zu kommen. Am Wochenende mache ich das Badezimmer im Obergeschoß hundesicher. Orion hat leider die Angewohnheit Dinge zu zerlegen. Ich habe eine gemauerte Dusche, die sehr dunkel ist. Das sollte nach Aussage der Tierärzte ausreichen. Das Fenster wird mit einer Decke verhängt.

Montag, 4.3.19: Ein Anruf am Morgen bestätigt, daß ich ihn abholen kann.Möglichst spät, da intensives Licht vermieden werden soll. Ich bekomme einen 7-seitigen Untersuchungsbericht und 2 Seiten Behandlungsanweisungen für Zuhause. Er muß noch eine Woche möglichst isoliert und dunkel gehalten werden.

Medikamente für die weitere Behandlung:
2 verschieden Antibiotika, 2 bis 3 x täglich für 3 Wochen
1 Schmerz- und Beruhigungsmittel anfänglich 3 x täglich, dann langsam reduzieren.

Im Notfall: zwei weitere krampflösende und beruhigende Medimamente.
Beide Medikamente wurden nicht benötigt.

Das Gesicht des Hundes war bei der Übergabe noch deutlich verkrampft, die Ohren unbeweglich, das rechte Hinterbein war leicht steif. Trotzdem war er sehr glücklich mich zu sehen, hüpfte auf und ab und sprang ohne Hilfe ins Auto.

Unterbringung im Badezimmer, Futter und Wasser wurde angenommen, Medikamentengabe klappte. Kurz in den Garten geführt zum Lösen. Die Nacht verlief ruhig.

5.3. bis 6.3.19: Futter- und Wasseraufnahme gut. Medikamente ohne größere Probleme. Orion wird immer aktiver und will nicht mehr alleine im Bad bleiben. Lasse ihn abends für einige Stunden mit im Bett liegen, was ihn deutlich entspannt.

7.3.19: Der Hund versucht, die Badezimmertür zu öffnen. Da er ja eigentlich Ruhe braucht und sich eingesperrt mehr aufregt, verdunkele ich soweit möglich das Schlafzimmer und lasse ihn im Bett liegen. Der Greyhound und ich leisten ihm zeitweise Gesellschaft. Das funktioniert besser, da er ruhig liegenbleibt, wenn wir bei ihm sind.
Laut Anweisung darf er nur im Dunkeln kurz raus. Ein Dampfreiniger ist goldwert.

11.3.19: Kontrolluntersuchung in der örtlichen Klinik. Der TA ist sehr zufrieden. Die Falten im Gesicht haben sichtbar nachgelassen, der Hund ist allgemein munter und nicht zu sehr gestresst. Er darf jetzt zeitweise das Schlafzimmer verlassen und auch tagsüber raus. Grelles Licht, Lärm und sonstige Aufregung weiterhin vermeiden. Nächster Kontrolltermin am 18. 3..

13.3.19: Das Gesicht entspannt sich sichtbar, im Ruhezustand fast faltenfrei. Die Ohren stehen immer noch, bewegen sich aber ab und zu. Wir verbringen immer noch mehrere Stunden tagsüber im verdunkelten Schlafzimmer, damit er zur Ruhe kommt.


Zusammenfassung: Es war wirklich schwer, die anfänglichen Symptome zu erkennen, besonders bei einem Podenco, der ja auch im Normalzustand oft Stehohren trägt. Laut Aussage aller beteiligten Tierärzte haben wir wirklich Glück gehabt, daß wir durch die Hilfe der zwei Personen in der FB Gruppe sehr früh in die Klinik gefahren sind und vor Allem, weil der Hund auf alle Medikamente gut angesprochen hat. Das ist nicht der Normalverlauf.

Das angefügte Photo wurde am 12.3. 19 aufgenommen und zeigt in etwa den Gesichtsausdruck vom 24.3..
orion.jpg
orion.jpg (55.41 KiB) 2120 mal betrachtet
Bilder vom akuten Tetanusgesicht gibt es nicht, da ich einen lichtempfindlichen Hund nicht mit Kamera und Blitzlicht verfolgen wollte. Man kann sehen, daß der Gesichtsausdruck für einen Podenco nicht extrem ungewöhnlich war, auffällig war nur, daß dieser Ausdruck über Stunden anhielt.


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Bild
Nur wer einmal seinen Windhund jagen gesehen hat, der weiß, was er an der Leine hat!
Michaela
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